In allen Gesellschaften und Kulturen
entwickeln sich Untergrundkulturen, da die Gesellschaften und Kulturen
normativ auf die Wertebildung wirken und sich durch Einteilungen in
highbrow, middlebrow und lowbrow culture selbst Skalen definieren.
Besonders umtriebige Untergrundkulturen gibt es in unregulierten und
Mangelsystemen (z.B. Schwarzmarkt nach Krieg) und restriktiven Systemen
(z.B. Unterdrückung bestimmter kultureller Aspekte, wie etwa Meinungs-
oder Religionsfreiheit). Gerade Kulturen mit hoher Strafandrohung für
regimekritische Kultur zeigen oft eine erstaunlich intensive und
kreative Untergrundkultur. (Spaß macht, was verboten ist.)
Interessant ist die Frage, ob die Untergrundkulturen überleben, wenn
die Strafandrohung wegfällt. In Ostdeutschland haben wir nach der
Wiedervereinigung ein Aussterben dieser Untergrundkulturen erlebt.
Natürlich sind dafür neue Subkulturen entstanden, die allerdings
weniger subversiv scheinen. In China haben wir ebenfalls eine intensive
und kreative Untergrundkultur. Allerdings haben wir als Gegenstück auch
eine weltweit selten beobachtete extrem regimetreue
(systemstabilisierende) Untergrundkultur, wie etwa die illegalen
nationalistischen Demonstrationen und Ausschreitungen gegen japanische
Restaurants, die von der Regierung offiziell abgelehnt und von den
eingesetzten Polizisten gleichzeitig doch nicht unterbunden wurde,
während systemlabilisierende Untergrundkultur restriktiver unterbunden
wird.
Ders.: Chinesische
Literatur in deutscher Übersetzung - Veröffentlichung zum Symposium
an der Hochschule für Angewandte Sprachen SDI München am 27.6.2009,
München 2009, ISBN 978-3-89966-293-1, 164 S.